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Ground Hopping am Zuckerhut

Ground Hopping - Estádio do Maracanã

Die Fußballstadien von Rio de Janeiro

Ground Hopping am Zuckerhut

Für alle Fußballfans und passionierte Ground Hopper ist Rio de Janeiro, Heimat des legendären Fußballtempels Estádio do Maracanã, ein Ort der Sehnsucht. Doch die Stadt am Zuckerhut hat über das Maracanã hinaus in Sachen Fußball und Stadien noch vieles mehr zu bieten.

Grund genug für einen Besuch bei den vier berühmten Traditionsclubs der Stadt – Fluminense, Flamengo, Vasco da Gama und Botafogo – sowie ihrer ruhmreichen Spielstätten.

Ground Hopping bei Fluminense im Maracanã

Ältester Fußballverein von Rio de Janeiro ist der Fluminense Football Club. Fluminense wurde 1902 vom Anglo-Brasilianer Oscar Cox gegründet, der während seiner Studienzeit in Lausanne den Fußballsport kennen und lieben lernte. Der vierfache Meister der Brasileiro Série A hat seinen Vereinssitz im Stadtteil Laranjeiras, in dem sich auch noch die frühere Spielstätte, das Estádio Manoel Schwartz, allgemein bekannt als Estádio das Laranjeiras, befindet. Seine Heimspiele trägt Fluminense im Estádio do Maracanã im gleichnamigen Stadtteil aus. Das Maracanã heißt seit 1966 zu Ehren seines wichtigsten Fürsprechers offiziell Estádio Jornalista Mário Filho, im Volksmund wird es kurz auch nur Maraca genannt.

Das architektonisch beeindruckende Stadion wurde zwischen 1948 und 1950 anlässlich der Fußball-Weltmeisterschaft erbaut und gehört dem Bundesstaat Rio de Janeiro. Zur Einweihung und in Spitzenzeiten fasste es bis zu 200.000 Zuschauer und war damit eine Zeit lang das größte Stadion der Welt. Ausgerechnet dort musste Brasilien sich im WM-Finale 1950 überraschenderweise Uruguay mit 1:2 geschlagen geben – ein traumatisches Ereignis für die hochfavorisierten Brasilianer, vergleichbar nur mit der desaströsen 1:7 Niederlage im WM-Halbfinale 2014 gegen Deutschland. Nach den Modernisierungen zur Fußball-WM 2014 bietet das Maracanã knapp 75.000 Menschen Platz. Zuletzt war es auch Spielort des WM-Endspiels 2014, in dem sich für das deutsche Team mit dem Sieg über Argentinien der Traum vom vierten Stern in Rio de Janeiro erfüllte. Mit der U-Bahn ist es über die Haltestellen Maracanã Station (Stadion-Westseite) und São Cristóvão (Ostseite) gut zu erreichen.

Estádio do Maracanã, Rua Professor Eurico Rabelo, Maracanã, Rio de Janeiro

Ground Hopping bei Flamengo im Maracanã

Neben Fluminense spielt auch der Clube de Regatas do Flamengo, meist nur Flamengo genannt, seine Heimspiele im Maracanã. Ursprünglich als Ruderclub gegründet, erhielt Flamengo 1911 eine eigene Fußballabteilung, als neun Spieler von Fluminense abtrünnig wurden und sich Flamengo anschlossen. Heute hat der Verein mit fast 40 Millionen Anhängern die größte Fangemeinde Brasiliens. Neben insgesamt fünf Meistertiteln konnte 1981 sowohl die Copa Libertadores de América gewonnen werden als auch der Weltpokal. Berühmtester Spieler von Fluminense war der legendäre Spielmacher Zico, der mit 568 Treffern auch heute noch Rekordtorschütze des Vereins ist. Ein besonderes Highlight im Fußball von Rio de Janeiro sind die zahlreichen Lokalderbys, insbesondere wenn Flamengo auf Fluminense trifft. Dieses oft nur Fla-Flu genannte Spiel lässt niemanden in der Stadt kalt.

Von besonders großer Rivalität geprägt sind auch die traditionsreichen Derbys zwischen Flamengo und dem Club de Regatas Vasco da Gama, genannt der Clássico dos Milhões. Auch die Fußballabteilung von Vasco da Gama ist aus einem Ruderclub hervorgegangen und nahm den Spielbetrieb im Jahre 1915 auf. Der vierfache brasilianische Meister spielt aktuell zwar nur in der Série B, der zweiten Fußball-Liga Brasiliens. Dass es dennoch regelmäßig zu Lokalderbys mit den drei Erstligisten kommt, rührt daher, dass neben dem Ligabetrieb in jedem Bundesstaat Brasiliens noch eine eigene Meisterschaft ausgespielt wird, im Bundesstaat Rio de Janeiro der Campeonato Carioca. Die Derbys unter den Traditionsclubs von Rio de Janeiro werden zumeist im Maracanã ausgetragen werden.

Ground Hopping bei Vasco im São Januário

Vasco da Gamas Heimspiele finden sonst im vereinseigenen Stadion, dem altehrwürdigen Estádio São Januário, auch bekannt als Estádio Vasco da Gama, statt. Es wurde 1927 erbaut, fasst 31.000 Zuschauer und befindet sich auf einem Hügel in der Nähe des Observatoriums in der Zona Norte von Rio de Janeiro. Ein Stadionbesuch lohnt sich allemal, nicht nur wegen der denkmalgeschützten Fassade, sondern vor allem wegen der einzigartigen Atmosphäre. Architektonisch an die europäischen Stadien jener Zeit angelehnt, stehen die vier Tribünen sehr dicht am Spielfeldrand, was insbesondere bei ausverkauftem Haus für eine außergewöhnliche Stimmung und immense Lautstärke sorgt. Zu erreichen ist das Estádio São Januário am besten mit den Bussen 472 oder 473, die direkt vor dem Stadioneingang halten. Bei den Olympischen Sommerspielen 2016 werden hier die Rugby-Spiele ausgetragen.

Estádio São Januário, Rua General Almério de Moura 131, Bairro Vasco da Gama, Rio de Janeiro

Ground Hopping bei Botafogo im Engenhão

Wie bei Flamengo und Vasco da Gama liegt auch der Ursprung des vierten Traditionsvereins Botafogo de Futebol e Regatas in einem Ruderclub. Gegründet wurde dieser 1894 als Clube de Regatas Botafogo, zu einer Zeit, als Rudern die populärste Sportart Brasiliens war. Botafogo wurde bislang fünfmal brasilianischer Meister und hat seinen Vereinssitz im gleichnamigen Stadtteil. Seine Heimspiele absolviert Botafogo im für die Panamerikanischen Spiele 2007 erbauten Mehrzweckstadion Estádio Olímpico João Havelange. Der Bau verschlang fast 150 Millionen Euro, sechsmal mehr als geplant. Die Spielstätte, meist nur Engenhão nach dem Stadtviertel Engenho de Dentro genannt, fasst knapp 47.000 Zuschauer. Aus dem Zentrum Rio de Janeiros kommend hält der Bus 277 auf der Avenida Presidente Vargas direkt vor dem Stadion.

Estádio Olímpico – Engenhão, 425 Rua José dos Reis, Rio de Janeiro

Beim Ground Hopping in Rio de Janeiro lässt sich neben spannendem Fußball wunderbar die Vielfalt seiner Bevölkerung erleben. Während die Fans von Vasco überwiegend aus der portugiesisch-stämmigen Bevölkerung stammen, die von Botafogo bunt gemischt sind, hat Flamengo die meisten Anhänger in den ärmeren Stadtvierteln und Favelas. Fluminense dagegen wird überwiegend von der Mittelschicht und reichen, weißen Bevölkerung unterstützt. Doch was sie alle eint, ist die Liebe zum Fußball – und zu ihrer Stadt, der Cidade maravilhosa Rio de Janeiro.

Hilfreiche Links

  1. Touristeninformation Rio de Janeiro
  2. Öffentlicher Nahverkehr Rio de Janeiro
  3. Das Estádio do Maracanã
  4. Spielplan Série A
  5. Tickets
  6. Fluminense Football Club
  7. Clube de Regatas do Flamengo
  8. Club de Regatas Vasco da Gama
  9. Botafogo de Futebol e Regatas

Rio Derby

Flamenguistas zelebrieren das Rio Derby im Maracanã
Fla - Flu – Keine Tropenkrankheit, sondern eine besondere Rivalität!

Rio Derby

Der Dramaturg, Journalist und Novellist Nelson Rodrigues erklärte die Ursprünge des Fußball-Klassikers zwischen Flamengo und Fluminense mit den pathosgeladenen Worten: "Fla gegen Flu entstand 40 Minuten vor dem Nichts." Starke Worte, doch das Derby gilt als der Klassiker der zahlreichen Fußballderbys im Staate Rio de Janeiro.

Es ist gleichzeitig das Aufeinandertreffen der beiden erfolgreichsten Mannschaften um die Meisterschaft des Staates Rio de Janeiro. Rekordmeister ist Flamengo, Fluminense belegt knapp dahinter den zweiten Platz.

Fluminense ist der unbeliebteste der vier großen Vereine aus Rio (Vasco da Gama, Botafogo, Flamengo und Fluminense). Sie pflegten stets ihren Ruf als Verein der Aristokratie und sahen lange davon ab dunkelhäutige Spieler zu verpflichten. Die Vereinsfarben sind weiß-rot-grün was zum Namen der Fans führt: Tricolores (in Anspielung auf die drei Farben). Flamengo (Vereinsfarben rot-schwarz) entwickelte sich als das soziale Gegenstück, obwohl der Verein anfangs ähnlich elitär war. Die Fußballabteilung des ursprünglichen Ruderklubs Flamengo wird 1911 sogar von unzufriedenen Fluminense-Spielern gegründet! Noch heute findet sich die Herkunft im Vereinswappen und im Namen CRF = 'Clube de Regatas do Flemanengo'. Anfangs bestand auch hier das Team ausnahmslos aus weißen Spielern, deren Mehrheit Studenten der Medizin waren. Der Übergang hin zu dem populären Volksverein, als der Flamengo heute bekannt ist, fand in den 1930er Jahren statt. Durch die Verpflichtung von zwei dunkelhäutigen Talenten, erlangte der Verein schnell hohe Beliebtheit in den ärmeren Wohnvierteln die von dunkelhäutiger Bevölkerung geprägt waren. Flamengo (die Anhänger heißen Flamenguistas) ist heute nicht nur der mit großem Abstand beliebteste Verein von Rio, sondern von ganz Brasilien. Aber es ist auch der meist gehasste. In Brasilien sagt man gerne, dass es ausschließlich zwei Fanlager gibt: die für Flamengo sind und die gegen Flamengo sind.

Die Anfänge

Die Entstehung der Fußballabteilung von Flamengo aus den abgewanderten Fluminense Spielern führte direkt zu der immerwährenden Rivalität. Dies gab dem Rio Derby die nötige Brisanz. Das erste Duell der beiden Kontrahenten fand dann schon 1912 statt. Das etablierte Fluminense konnte sich, für die damals tatsächlich stolze Zahl, von 800 Zuschauern noch mit 3:2 gegen das aufstrebende Flamengo durchsetzten. Wenige Jahre später, in der Saison 1915 entschied das Rio Derby bereits über die Meisterschaft. Seitdem ist der Carioca-Fussball immer eng mit dem Rio Derby Fla-Flu verbunden.

Wissenswerte Daten

Durch den Staatsmeistertitel 2009 überholte Flamengo den historischen Rivalen. Mit den 33 gewonnenen Titeln - zwei mehr als die Tricolores – sind sie der Rekordmeister des Bundesstaates Rio de Janeiro. Die goldene Ära des Vereins (1978-1983) ist eng mit dem damaligen Überspieler Zico (eigentlich Arthur Antunes Coimbra) verwoben. Zico, auch weißer Pelé genannt, gilt gemeinhin als der beste Spieler ohne Weltmeistertitel und gehörte zur verlorenen Generation der brasilianischen Nationalmannschaft. Die zwar von 1982 bis 1986 immer als hohe Favoriten galten und schönen, begeisternden Fußball (jogo bonito) spielten, aber dann doch scheiterten.

Im direkten Vergleich lautet die Bilanz nach 369 Rio Derbys: 132 Siege für Flamengo und 118 für Fluminense bei 119 Remis. Eine Rekordzuschauerzahl brachte das Lokalderby 1963. 194.000 Zuschauer (177.000 zahlende) sorgten im Maracanã Stadion in Rio für einen Rekord für die Ewigkeit bei Clubspielen.

Anekdoten und Bonmots

Viele Beschimpfungen der Flamenguistas spielen auf deren Herkunft und Hautfarbe an. So wurden sie als Urubus (Schwarzgeier) bezeichnet, was dazu führte, dass inzwischen der Urubu das offizielle Symbol der Fans ist. Wenn Flamengo zurückliegt, tönt es häufig aus dem Block der gegnerischen Fans: „Ela, ela, ela, silencio na Favela" (ela, ela, ela – Ruhe in der Favela). Was wiederum die ärmliche Herkunft der Anhänger thematisiert und verunglimpfen soll. Die Abkürzung Fla-Flu für das Lokalderby entstand nicht etwa wegen der Rivalität, sondern vielmehr aus einer ursprünglichen Gemeinsamkeit. 1925 wurde der Kader für die Carioca-Auswahl (Team des Bundesstaats Rio de Janeiro für das Meisterschaftsturnier der Bundesstaaten) veröffentlicht. Dieser setzte sich exklusiv aus Spielern von Flamengo und Fluminense zusammen. Damals bildete sich der Begriff der "Fla-Flu-Auswahl", der als Rio Derby Bezeichnung bis heute fortlebt. Erst 14 Jahren nach Einweihung des Maracanã-Stadions kam es endlich zu einem Rio Derby zwischen Flamengo und Fluminense. Das erste Rio Derby im für die Heim-WM 1950 erbauten Maracanã-Stadion fand 1963 statt. Damals reichte den Flamenguistas ein torloses Remis um den Carioca-Titel zu gewinnen. Die Fans von Fluminense, bis heute der Verein der weißen Mittelschicht, heißen auch 'Po de arroz' (Reispulver). Dies geht auf den Umstand zurück, dass in den Anfängen des Fußballs in Brasilien afro-brasilianische Spieler nur mit einigen Tricks Zugang zum Spielgeschehen hatten. Viele mussten sich beispielsweise die Haare glätten um mitzuspielen. Beim reaktionären Verein Fluminense, bei dem der Rassismus lange etabliert war, hellte der dunkelhäutige Spieler Carlos Alberto seine Hautfarbe mit Reispulver auf. Daher der Spitzname.

Tipps

Eigentlich ist der Besuch eines der großen Lokalderbys für jeden Rio Besucher fast schon eine Pflicht. Wenn ihr aber ein Fla-Flu Rio Derby sehen wollt, müsst ihr etwas Glück haben. Zur Besuchszeit muss gerade eins stattfinden. Da beide Teams als Heimspielstätte das Maracanã-Stadion haben, findet ein Rio Derby mit hoher Wahrscheinlichkeit in diesem Fußballtempel statt. Glücklicherweise beherbergt Rio noch zwei weitere große Mannschaften, so dass die Möglichkeit besteht eines der anderen Rio Derbys zu besuchen. Da wären noch die Teams von Vasco da Gama und Botafogo. Auch die anderen Spielkonstellationen versprechen brisante Lokalderbys. Mehr zu den Mannschaften, den Stadien und weitere Tipps findet ihr im Beitrag "Groundhopping am Zuckerhut".