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Rio Derby

Flamenguistas zelebrieren das Rio Derby im Maracanã
Fla - Flu – Keine Tropenkrankheit, sondern eine besondere Rivalität!

Rio Derby

Der Dramaturg, Journalist und Novellist Nelson Rodrigues erklärte die Ursprünge des Fußball-Klassikers zwischen Flamengo und Fluminense mit den pathosgeladenen Worten: "Fla gegen Flu entstand 40 Minuten vor dem Nichts." Starke Worte, doch das Derby gilt als der Klassiker der zahlreichen Fußballderbys im Staate Rio de Janeiro.

Es ist gleichzeitig das Aufeinandertreffen der beiden erfolgreichsten Mannschaften um die Meisterschaft des Staates Rio de Janeiro. Rekordmeister ist Flamengo, Fluminense belegt knapp dahinter den zweiten Platz.

Fluminense ist der unbeliebteste der vier großen Vereine aus Rio (Vasco da Gama, Botafogo, Flamengo und Fluminense). Sie pflegten stets ihren Ruf als Verein der Aristokratie und sahen lange davon ab dunkelhäutige Spieler zu verpflichten. Die Vereinsfarben sind weiß-rot-grün was zum Namen der Fans führt: Tricolores (in Anspielung auf die drei Farben). Flamengo (Vereinsfarben rot-schwarz) entwickelte sich als das soziale Gegenstück, obwohl der Verein anfangs ähnlich elitär war. Die Fußballabteilung des ursprünglichen Ruderklubs Flamengo wird 1911 sogar von unzufriedenen Fluminense-Spielern gegründet! Noch heute findet sich die Herkunft im Vereinswappen und im Namen CRF = 'Clube de Regatas do Flemanengo'. Anfangs bestand auch hier das Team ausnahmslos aus weißen Spielern, deren Mehrheit Studenten der Medizin waren. Der Übergang hin zu dem populären Volksverein, als der Flamengo heute bekannt ist, fand in den 1930er Jahren statt. Durch die Verpflichtung von zwei dunkelhäutigen Talenten, erlangte der Verein schnell hohe Beliebtheit in den ärmeren Wohnvierteln die von dunkelhäutiger Bevölkerung geprägt waren. Flamengo (die Anhänger heißen Flamenguistas) ist heute nicht nur der mit großem Abstand beliebteste Verein von Rio, sondern von ganz Brasilien. Aber es ist auch der meist gehasste. In Brasilien sagt man gerne, dass es ausschließlich zwei Fanlager gibt: die für Flamengo sind und die gegen Flamengo sind.

Die Anfänge

Die Entstehung der Fußballabteilung von Flamengo aus den abgewanderten Fluminense Spielern führte direkt zu der immerwährenden Rivalität. Dies gab dem Rio Derby die nötige Brisanz. Das erste Duell der beiden Kontrahenten fand dann schon 1912 statt. Das etablierte Fluminense konnte sich, für die damals tatsächlich stolze Zahl, von 800 Zuschauern noch mit 3:2 gegen das aufstrebende Flamengo durchsetzten. Wenige Jahre später, in der Saison 1915 entschied das Rio Derby bereits über die Meisterschaft. Seitdem ist der Carioca-Fussball immer eng mit dem Rio Derby Fla-Flu verbunden.

Wissenswerte Daten

Durch den Staatsmeistertitel 2009 überholte Flamengo den historischen Rivalen. Mit den 33 gewonnenen Titeln - zwei mehr als die Tricolores – sind sie der Rekordmeister des Bundesstaates Rio de Janeiro. Die goldene Ära des Vereins (1978-1983) ist eng mit dem damaligen Überspieler Zico (eigentlich Arthur Antunes Coimbra) verwoben. Zico, auch weißer Pelé genannt, gilt gemeinhin als der beste Spieler ohne Weltmeistertitel und gehörte zur verlorenen Generation der brasilianischen Nationalmannschaft. Die zwar von 1982 bis 1986 immer als hohe Favoriten galten und schönen, begeisternden Fußball (jogo bonito) spielten, aber dann doch scheiterten.

Im direkten Vergleich lautet die Bilanz nach 369 Rio Derbys: 132 Siege für Flamengo und 118 für Fluminense bei 119 Remis. Eine Rekordzuschauerzahl brachte das Lokalderby 1963. 194.000 Zuschauer (177.000 zahlende) sorgten im Maracanã Stadion in Rio für einen Rekord für die Ewigkeit bei Clubspielen.

Anekdoten und Bonmots

Viele Beschimpfungen der Flamenguistas spielen auf deren Herkunft und Hautfarbe an. So wurden sie als Urubus (Schwarzgeier) bezeichnet, was dazu führte, dass inzwischen der Urubu das offizielle Symbol der Fans ist. Wenn Flamengo zurückliegt, tönt es häufig aus dem Block der gegnerischen Fans: „Ela, ela, ela, silencio na Favela" (ela, ela, ela – Ruhe in der Favela). Was wiederum die ärmliche Herkunft der Anhänger thematisiert und verunglimpfen soll. Die Abkürzung Fla-Flu für das Lokalderby entstand nicht etwa wegen der Rivalität, sondern vielmehr aus einer ursprünglichen Gemeinsamkeit. 1925 wurde der Kader für die Carioca-Auswahl (Team des Bundesstaats Rio de Janeiro für das Meisterschaftsturnier der Bundesstaaten) veröffentlicht. Dieser setzte sich exklusiv aus Spielern von Flamengo und Fluminense zusammen. Damals bildete sich der Begriff der "Fla-Flu-Auswahl", der als Rio Derby Bezeichnung bis heute fortlebt. Erst 14 Jahren nach Einweihung des Maracanã-Stadions kam es endlich zu einem Rio Derby zwischen Flamengo und Fluminense. Das erste Rio Derby im für die Heim-WM 1950 erbauten Maracanã-Stadion fand 1963 statt. Damals reichte den Flamenguistas ein torloses Remis um den Carioca-Titel zu gewinnen. Die Fans von Fluminense, bis heute der Verein der weißen Mittelschicht, heißen auch 'Po de arroz' (Reispulver). Dies geht auf den Umstand zurück, dass in den Anfängen des Fußballs in Brasilien afro-brasilianische Spieler nur mit einigen Tricks Zugang zum Spielgeschehen hatten. Viele mussten sich beispielsweise die Haare glätten um mitzuspielen. Beim reaktionären Verein Fluminense, bei dem der Rassismus lange etabliert war, hellte der dunkelhäutige Spieler Carlos Alberto seine Hautfarbe mit Reispulver auf. Daher der Spitzname.

Tipps

Eigentlich ist der Besuch eines der großen Lokalderbys für jeden Rio Besucher fast schon eine Pflicht. Wenn ihr aber ein Fla-Flu Rio Derby sehen wollt, müsst ihr etwas Glück haben. Zur Besuchszeit muss gerade eins stattfinden. Da beide Teams als Heimspielstätte das Maracanã-Stadion haben, findet ein Rio Derby mit hoher Wahrscheinlichkeit in diesem Fußballtempel statt. Glücklicherweise beherbergt Rio noch zwei weitere große Mannschaften, so dass die Möglichkeit besteht eines der anderen Rio Derbys zu besuchen. Da wären noch die Teams von Vasco da Gama und Botafogo. Auch die anderen Spielkonstellationen versprechen brisante Lokalderbys. Mehr zu den Mannschaften, den Stadien und weitere Tipps findet ihr im Beitrag "Groundhopping am Zuckerhut".