Erlebnis Bergwandern in Rio de Janeiro
Wandern auf dem Morro Dois Irmãos
Wer an Rio denkt, dem fallen sofort Sonne, Strand und Samba ein. Der denkt an entspannten Urlaub, Abschalten und das süße Nichtstun, und eher weniger ans Wandern. Der denkt aber auch an die Morros, die kegelförmigen Granitfelsen, die Rios Küste säumen und in Buchten mit traumhaften Sandstränden unterteilen.
Die Morros sind Ausläufer der Serra do Mar, einem 1.500 km langen Gebirgszug im Südosten Brasiliens, der parallel zur atlantischen Ozeanküste verläuft. Von den Morros aus kann man die schönsten Aussichten über Rio erhaschen. Die beiden bekanntesten sind zweifellos Zuckerhut und Corcovado, auf dem Christus seine Arme ausbreitet und über die Stadt blickt. Beide sind für Besucher einfach zu bezwingen. Die Christus-Statue erreicht man bequem über die Corcovado-Bergbahn, eine Zahnradbahn. Auf den Zuckerhut gelangt man mit dem Bondinho, einer Drahtseilbahn.
Mehr als Zuckerhut und Corcovado
Die übrigen Morros sind nicht ganz so einfach zu erklimmen und die meisten Aussichten muss man sich durch Wandern erst verdienen.
Eine der imposantesten Felsformationen ist der Morro Dois Irmãos im südlichen Stadtteil Leblon, gelegen zwischen der Favela do Vidigal und Favela Rocinha. Der "Zwei Brüder-Felsen", wie er aufgrund seiner Form genannt wird, entfaltet besonders im Sonnenuntergang seine ganze Magie. Aus der Ferne, von den Stränden von Ipanema und der Copacabana aus betrachtet, zeigt sich ein beeindruckendes Spiel aus Licht, Schatten und Farben.
Nicht der höchste, aber mit perfektem Panoramablick und gut zum Wandern
Mit einer Höhe von 533 m ist der Morro Dois Irmãos höher als der Zuckerhut (395 m), jedoch niedriger als der Corcovado (704 m). Die Aussicht, die man nach einer Wanderung auf den Gipfel der Dois Irmãos genießen kann, ist aber nicht weniger imposant. Und sie entschädigt für den mühsamen Aufstieg allemal.
In Rio werden Wandertouren auf die Felsen inzwischen auch für ausländische Touristen angeboten, meist verbunden mit einer Besichtigung der angrenzenden Favelas. Letzteres ist erst seit der Befriedung dieser Siedlungen im Jahr 2011 wirklich sicher möglich. Das ist mit ein Grund dafür, dass organisierte Touren bisher nur schwierig durchzuführen waren.
Ausgangspunkt der Wandertour ist in der Regel die Favela Vidigal, da man von hier verhältnismäßig nah an den Gipfel heran kommt. Der Vidigal an sich war einst eines der gefährlichsten Favelas von Rio. Heute mutiert es immer mehr zum In-Viertel für (Street Art) Künstler, Musiker und bietet bereits ein gutes Angebot an Hostels.
Mit dem Moto Taxi durch den Vidigal
Wer außerhalb des Viertels seine Zelte aufgeschlagen hat, gelangt mit Autos oder Mikrobussen bis zum Eingang der Favela – und hier beginnt die eigentliche und abenteuerliche Tour. Mit einem Motorradtaxi (moto taxi) fährt man durch die engen und verwinkelten Gassen bis hinauf zum oberen Ende. Allein für diese rasante Erfahrung lohnt sich die Tour bereits, und der Adrenalinspiegel ist auf perfektem Niveau für die anschließende Tour zu Fuß.
Wandern durch den Regenwald
Vom Vidigal aus gelangt man über einen steilen Pfad in 1,5 - 2 Stunden zum Ziel. Der Wanderweg führt durch den Nationalpark Tijuca, ein knapp 40 km2 großes Urwaldgebiet. Er wurde 1961 geschaffen, um dem ursprünglichen, aber durch Kaffeeplantagen zerstörten Atlantischen Regenwald (Mata Atlântica) wieder einen Raum zu geben. Die Flora und Fauna in diesem Gebiet ist einzigartig und beheimatet eine Vielzahl an Pflanzen und Tieren, die sonst nirgends mehr anzutreffen sind.
Auf dem “großen Bruder” angekommen
Auf dem Gipfel des größeren der Zwei Brüder angekommen bietet sich ein grandioser Ausblick über den Tijuca-Nationalpark, Rocinha und Vidigal, die Lagune Rodrigo de Freitas und die Strände in den südlichen Stadtteilen (Zona Sul). Es ist ein etwas anderes Panorama, als sich zum Beispiel vom Zuckerhut vor einem öffnet. Man sieht weiter in den Westen der Stadt, und die Christus-Statue aus einer anderen Perspektive... Wenig verwunderlich, dass die Dois Irmãos sowohl den großen Chico Buarque als auch Marina Lima zu emotionalen Liedern inspiriert haben.
Zurück durch die Favela
Der Abstieg erfolgt auf dem selben Weg wie der Aufstieg, und lädt dazu ein, durch die Favela Vidigal zu wandern und sie näher kennen zu lernen. Läuft man die Strecke, die zuvor mit dem Moto Taxi überwunden hat, kann man sich in den Gassen verlieren und zwischendurch den schönen Blick über die Stadt genießen.
Die gesamte Tour beansprucht gute 4-5 Stunden und ist im Programm verschiedener Anbieter zu finden. Unter anderem bei “Trilha Dois Irmaos”, geleitet von Ana Lima, einer im Vidigal aufgewachsenen Brasilianerin, die daher mit ausgezeichneten Ortskenntnissen aufwarten kann: